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Heißgeliebter Holzherd

Veröffentlicht: Samstag, 23. Dezember 2017
Mein heißgeliebter Holzherdvon Elisabeth Dichter-Hallwachs,  Hof Hamerskaul, Utscheid

Äisch hunn mia eppes Neijes geleistet, eppes wuvuhn äisch schunn laang träämen,“ erzähle ich einer Bekannten.
Host dou dia well och enn Thermomix koot?
Völlig irritiert schaue ich sie an. Eigentlich müsste sie wissen, dass so etwas für eine kreative Kochkünstlerin wie mich absolut nicht in Frage kommt.
Su en neimodischen Kroom kennt mia net ant Hous,“ höre ich mich sagen.
Im gleichen Moment denke ich, dass laut Erzählungen meiner Mutter meine Großmutter dasselbe sagte, als sie in den 50er Jahren einen Elektroherd kaufen wollte. Gehöre ich nun auch schon zu den ewig gestrigen aalen Lett?

Natürlich bin ich sehr froh, dass wir nicht mehr so leben müssen wie vor 50 Jahren. Durchaus genieße ich die Freiheiten und Vorteile der Entwicklung. Doch ein Teil von mir möchte de goot aal Saachen bewahren.
„Joo, mat Koachen hot es eppes ze doan. Eisch hunn mia en neijen Holzherd geleistet, den wie en aalen Kischenherd ousseht.“

Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, auf dem Holzfeuer zu kochen.
„Wann, wenn nicht jetzt, willst Du Deine Träume erfüllen?“, fragt mein Mann. „Andere leisten sich in ihrem Rentenalter einen Oldtimer oder ein Wohnmobil, oder fahren einen Mercedes, wenn es auch ein Golf tun würde. Wenn es dich glücklich macht, dann kaufen wir eben einen Holzherd“.

„Bas dou daan ganz verreckt! Dee viel Oarbischt un deen gaanzen Drääck!“, sagt meine Bekannte, und ich glaube, meine Mutter sagt oben im Himmel das Gleiche.
Ja, vielleicht bin ich ein bisschen verrückt, aber hoffnungslos romantisch, nostalgisch, mit viel Sehnsucht nach dem unmittelbaren Sinneserleben.
Natürlich macht ein Holzfeuer mehr Arbeit und mehr Dreck. Aber für mich ist Arbeit, die ich selbst wähle und gerne mache, nichts Schlimmes, sondern Ausdruck meines Selbst. Und natürlicher Dreck ist für mich nicht so schlimm wie die Umweltverschmutzungen, die man nicht sieht.

Für mich gibt es nichts Schöneres als ein Holzfeuer zu riechen, in die Flammen zu gucken
(mein neuer Holzherd hat natürlich ein Sichtfenster!) und die unmittelbare wohlige Wärme zu fühlen. Mit ein paar Stücken Holz kann ich unsere Küche heizen und “et Mettischäässen koachen“. Wenn das mal nicht ökologisch ist!
Der bewußte Umgang mit den uns gegebenen Resourcen und die Bewahrung der Schöpfung haben in meinem Leben oberste Priorität. Wie wunderbar, dass ich hier das Sinnliche mit dem Nützlichen verbinden kann!

Ich denke daran, wie privilegiert doch meine Generation ist. Wir sind mit dem Fortschritt aufgewachsen, müssen nicht mehr so schwer und hart arbeiten wie unsere Eltern und haben alle Freiheiten. Ich habe die Freiheit, bewußt einen Schritt zurück zu gehen.

Während ich meinen neuen Herd anstochere, erinnere ich mich an das Holz machen in meiner Kindheit. Es war trotz Traktor und Kreissäge, die es in den 50er Jahren ja schon gab, nicht nur eine unglaublich schwere Arbeit, sondern auch eine dringende Notwendigkeit.
Die Gemeinde hat das Holz aus dem Gemeindewald in unserem Gasthaus „versteigert“. Man bekam dann ein so genanntes „Los“. Als Kind fragte ich mich, ob das wie bei der Losbude an Kirmes zuging, wo man Glück oder Pech haben konnte.
Ein Los waren mehrere Festmeter Holz, die an einer bestimmten Stelle im Wald gelagert und gekennzeichnet waren. Mit unserem kleinen Lanz-Bulldogg holten mein Vater und mein Onkel die ca. 1 m langen von Waldarbeitern von Hand gefällten und gespaltenen Holzstücke ab. Manchmal durfte ich als Kind mit in den Wald fahren und auf dem Heimweg oben auf dem Holz sitzen. Seither liebe ich den Geruch von frisch geschlagenem Holz.
Ich erinnere mich auch, dass die ärmeren Leute aus dem Dorf sich im Wald die herunter gefallenen Äste einfach holen durften. So bin ich als Kind manchmal mit Tant Engel, einer Frau, die viel in unserem elterlichen Haushalt geholfen hat, mit dem kleinen Handwagen in den Wald gefahren. Sie hat dort die kleinen Äste und Zweige mit Draht in handliche Bündel zusammengebunden. Das hieß Schanzen maachen. Das war eine mühsame Arbeit.
Da hatten wir es schon besser. Bei uns wurden die langen Holzscheite mit der von unserem Traktor angetriebenen Kreissäge in ca. 30 cm große Stücke gesägt. Das unangenehme, sehr laute Geräusch der Kreissäge klingt mir noch heute in den Ohren. Dies war eine gefährliche Arbeit. Das Sägeblatt war nicht geschützt, und wir Kinder mussten ganz streng Abstand halten. Aber wenn mein Vater Pause machte und die Kreissäge verstummte, konnten wir Kinder in dem großen Haufen Sägemehl, das so wunderbar nach frischem Holz roch, wie in einem Sandkasten spielen. Dass die kleinen Holzspäne dann überall am Körper pieksten, das machte uns wenig aus.
Die gesägten Stücke hat mein Vater dann opp dem Stupp (Holzklotz) mit der Axt in handliche Stücke gehackt. Diese wurden dann mit der Schubkarre in den Schuppen gefahren. Und nun kamen wir Kinder in den Einsatz. Wir mussten die Holzstücke ordentlich stapeln, viele Stunden, viele Kubikmeter. Das war eine langweilige Arbeit. Viel lieber hätte ich auch mit der Axt hantiert. Aber das durften wir nicht. Manchmal habe ich es heimlich ausprobiert.
Wie oft hatten wir Schlejdern (Splitter) in den Händen! Denn an Handschuhe bei der Arbeit war damals nicht zu denken. Und nach Arbeit aussehende Hände voller Schwielen unn Baschten (aufgerissene Haut) waren keine Schande. Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, wir Kinder hätten immer gerne geholfen. Aber ich erinnere mich auch an das gute Gefühl, wenn ich mich nützlich und hilfreich fühlte.
Ich fand auch immer so kleine Nischen für mich. So habe ich mir besonders schöne Holzstücke gerne zum Spielen aufgehoben.

Heute denke ich voller Ehrfurcht an meinen Vater, wie schwer er arbeiten musste, wie viele Meter Holz er wohl kleegemaach hott. Damals in den 50ern wurde ja nur mit Holz bzw. gelegentlich mit Briketts geheizt. Wir hatten zwar schon einen Elektroherd, aber der wurde eher nur, wenn es mal schnell gehen mußte, oder im Sommer benutzt. Ansonsten hat meine Mutter jeden Morgen als Erstes den Herd ugemaach. Dazu lagen extra kleine von meinem Opa gespaltene Spinnscha (kleine Holzstückchen) bereit. Der Herd war ja auch die einzige Heizquelle im Alltag.
Bei uns stand morgens immer ein Topf Milch auf dem Herd, die häufig überkochte. Den Geruch von angebrannter Milch und Holzfeuer habe ich heute noch in der Nase, und das ist für mich der Geruch von heimatlichem Herd. Nur sonntags wurde der Ofen an da goot Stuuf angemacht. In erste Linie für den Besuch, der meist sonntags kam. Die Schlafzimmer waren nicht beheizt. Nur das Zimmer meiner Eltern hatte einen Ofen, der aber auch laut Erzählungen meiner Mutter nur angeheizt wurde, als wir Kinder noch Babies waren. Dann gab es im Baakes (ehemals Backhaus, jetzt Waschküche) zwei riesige mit Holz geheizte Kessel. In dem einen wurden ca. zweimal die Woche die Schwejnskrompern gedämpft. In dem anderen wurde montags die Wäsche gekocht und samstags das Wasser zum Baden erhitzt, das in eine Zinkbadewanne umgefüllt wurde, in der dann die ganze Familie der Reihe nach badete. Ich glaube, 1959 haben wir eines der ersten Badezimmer im Dorf bekommen. Auch hier wurde immer nur samstags das Wasser in dem schmalen hohen Emailkessel mit Holz erhitzt. Selbstverständlich ging man sehr sparsam mit dem mühsam erhitzten Wasser um.
In den 60er Jahren kam dann auch der Fortschritt in Form von Ölöfen und später auch Ölheizung mit Warmwasserbereitung zu uns aufs Land. Welch eine Arbeitserleichterung! Aber für mich auch ein sinnlicher Verlust. Kein Geruch von frisch geschlagenem Holz, kein wohliges Knistern im Ofen, keine unmittelbare kuschelige Wärme.

Vielleicht habe ich zeitlebens immer so gerne Lagerfeuerchen gemacht, um mir das Gefühl von heimatlichem, heimeligem Herd wieder zu holen. Wie schön, dass ich mir jetzt im Rentenalter diesen Traum wieder in meine Küche holen kann!

Mit moderner Technik geht mir das Holz kleemaachen leicht von der Hand ..Holz machen wir seit Jahren für unseren Kachelofen selber und haben reichlich davon. Mit der modernen Technik ist dies ja auch nicht mehr so mühsam wie früher. Freunde haben uns die Fichten auf unserem Grundstück mit der Motorsäge gefällt und in Meterstücke gesägt. Ein netter Bauer aus der Nachbarschaft hat sie uns mit dem Spalter am Traktor gespalten.
Da ich den Geruch von frisch geschlagenem Holz so liebe, habe ich mir nicht nehmen lassen, die großen Scheite selber zu stapeln. Im Winter machten wir dann das gelagerte Holz klein. Ich begeistert mit der neuen Wippsäge, die sehr leicht und ungefährlich zu bedienen ist, und mein Mann die zu großen Stücke mit Motorsäge und Spaltaxt. Ganz wunderbar ist für mich, mit dem Geruch von gesägtem Holz in der Nase die handlichen Stücke schön ordentlich zu stapeln und dabei jedes Holzstück in seiner eigenen individuellen Schönheit zu würdigen.
Was früher schwere, mühsame Notwendigkeit war, ist heute für mich Freiheit und Luxus. Außerdem brauche ich nicht ins Fitnessstudio zu gehen, um mich körperlich zu bewegen und anzustrengen.

Lange habe ich jetzt neben meinem neuen Holzherd gesessen, in die Flammen geschaut und über Holz und Feuer simuliert. Mein kleiner Schreibtisch steht neben dem Herd, und bei uns ist wie früher die Küche das Zentrum des Hauses, in dem sich das meiste Leben abspielt. „Well gett et awa Zejt firt Mettischäässen,“ denke ich und setze schnell die Pfanne mit den Bratkartoffeln auf den Herd. Da kommt meine mütterliche Freundin Josefa, die mir immer die Eier von ihren Hühnern bringt. „Ooh, wat ass dat hei gemeetlisch!“, sagt sie. Sie ist 83 und kocht bis heute auf dem Holzherd. Wir sind uns einig: „Et gett nejst Schinneres!
Das was gut ist, muss bewahrt werden, und ich fühle mich ein bisschen wie die „Hüterin des Feuers“.

„Heißgeliebter Holzherd" von Elisabeth Dichter-Hallwachs ist zuerst erschienen im Heimatkalender des Eifelkreises Bitburg-Prüm Nr. 67/2018
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