Elisabeth Dichter-Hallwachs - Et Korelzen Lissi
Das Leben und die tägliche Arbeit im elterlichen Gasthaus, ihre Ausbildung und ihr Beruf haben unsere Lissi grundlegend geprägt, mehr aber sicher noch ihre 28-jährige, aufopferungsvolle und schöne Tätigkeit als „Herbergsmutter“ der Jugendburg Neuerburg. Von 1984 bis 2011 leitete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Reinhard als Herbergseltern die Jugendburg Neuerburg mit viel Engagement und Erfolg.
Lissi erinnert sich gerne an vergangene Zeiten, an ihre Kind- und Jugendzeit im elterlichen Gasthaus in Gilzem und an so manche „urig-typisch-eiflerische“ Gegebenheit.
Einige davon hat Lissi aufgeschrieben und stellt sie auf diesem Wege allen zur Verfügung, besonders aber uns Gilzemern.
Lesen Sie, was Korelzen Lissi über sich selbst schreibt: Äisch iwa mäisch
Viele tolle Tipps von Elisabeet auf YouTube >>
Heißgeliebtes Landleben
von Elisabeth Dichter-Hallwachs
Hof Hamerskaul, Utscheid
„Su äppes Dolles, daat goof et freja net hei op´m Land!“, sage ich zu einer Bekannten bei „Rock für Vielfalt“ im Haus der Jugend in Bitburg. Wirklich eine hervorragende musikalische Veranstaltung mit Künstlerinnen und Künstlern aus der Region und mit der Botschaft, sich für Demokratie und Vielfalt stark zu machen.
Das hat mich sehr berührt, mehr als die großen Musicals in den Großstädten.
„Da soll nooch ähnen soon, mia hätten kähn Kultur hei op dem Land!“
„Dia kennt ja Platt schwäätzen!“, staunt mein Gegenüber.
„Mawärisch daat, äisch senn doch enn escht ´Äfela Landeij´- un daat senn äisch och gear.“
„Dia seht goarnet su ous“, betrachtet mich mein Gegenüber von oben bis unten, als wolle sie sagen, mit so einem langen lila Rock und dem großen lila Hut läuft doch hier keine Frau herum.
„Oah, die Fraalett hei loofen doch hett och net meh mat Kiedelscheaz un Kappdooch rom!“
Heißgeliebte Tante Käthchen
vom Hof Hamerskaul
Meine feministisch angehauchte Tochter fragt mich:“Was hattest Du als junger Mensch für Frauenideale?“ Ich brauche nicht lange zu überlegen. Als Kind wollte ich am liebsten eine „Heilige Elisabeth“ werden, später wie Mutter Teresa was Großartiges für die Menschheit tun. Als Jugendliche wollte ich wie Sophie Scholl für meine Überzeugung einstehen, oder wie Joan Baez, diese mutige, politisch engagierte amerikanische Folksängerin, gegen Krieg und Leid in der Welt ansingen.
„Gab es in Deinem realen Leben auch Frauen, die für Dich Vorbild waren?“, fragt meine Tochter nach. Da denke ich sofort an meine Tante Käthchen und fühle eine tiefe, liebevolle Zuneigung und Verehrung für diese kleine, zähe, tapfere Frau. Eine Frau, die keine weltbewegenden Taten vollbracht hat und über die nichts in Zeitungen und Büchern steht. Eine „einfache“ Frau aus meinem kleinen Eifeler Heimatdorf Gilzem, die mit ihrem gesunden Menschenverstand und ihrem großen Herzen so viel Herzensgüte und Menschlichkeit in die Welt gesetzt und so vielen Menschen beigestanden hat.
Heute weiss ich: Die Welt bewegt sich vor allem durch Menschen wie sie, die täglich, selbstverständlich und ohne den Blick der Öffentlichkeit ihr Bestes geben und mehr tun als ihre Pflicht.
So ein Mensch war meine Tante Käthchen. Viele Bilder und Erinnerungen an sie tauchen auf, und begeistert erzähle ich meiner Tochter von ihr, die mich ermuntert, diese aufzuschreiben.
Heißgeliebter Holzherd
„Äisch hunn mia eppes Neijes geleistet, eppes wuvuhn äisch schunn laang träämen,“ erzähle ich einer Bekannten.
„Host dou dia well och enn Thermomix koot?“
Völlig irritiert schaue ich sie an. Eigentlich müsste sie wissen, dass so etwas für eine kreative Kochkünstlerin wie mich absolut nicht in Frage kommt.
„Su en neimodischen Kroom kennt mia net ant Hous,“ höre ich mich sagen.
Im gleichen Moment denke ich, dass laut Erzählungen meiner Mutter meine Großmutter dasselbe sagte, als sie in den 50er Jahren einen Elektroherd kaufen wollte. Gehöre ich nun auch schon zu den ewig gestrigen aalen Lett?
Benefiz-Erntedankfest am 03.10.2017 auf Hof Hamerskaul, 12.00 - 18.00 Uhr
Lissi und Reinhard bieten uns tolle Sachen an:
- Flohmarkt: Bücher, Platten, CDs, Krimskram...
- Pflanzen, Stauden, Zimmerpflanzen...
- Schätze aus dem Garten: hausgemachte Marmeladen, Eingemachtes, Kräuter...
- Naturköstliches Mittagsbüffet, Kaffee, Kuchen, frischer Apfelsaft, Viez...
Auf Euren Besuch freut sich Familie Dichter-Hallwachs, Hof Hamerskaul, 54675 Utscheid, Tel.: 06522-369, Anfahrt:
Äisch iwa mäisch
Obwohl ich schon vor ca. 45 Jahren von Gilzem „ann de Welt“ gezogen bin, kennen mich wohl noch die meisten „aal Geelzema“, und ich bleibe wohl immer „et Korelzen Lissi“.
1953 geboren, noch am Rande der alten Zeit aufgewachsen, bevor die moderne Entwicklung auch unser Dorf erreichte, ist es mir heute ein Anliegen, die Dinge aus der „guten alten Zeit“, die gut waren, zu bewahren und mit dem, was heute besser ist, zu verbinden.
Ja, die „guten alten Zeiten“ waren nicht nur gut. Schon als Kind habe ich mir viele Gedanken über Gott und die Welt gemacht. So habe ich schon sehr früh absolut nicht verstehen können, dass angesehene Persönlichkeiten des Dorfes Kinder grundlos schlagen oder in aller Öffentlichkeit lügen durften und trotzdem sonntags in der Kirche in der ersten Reihe saßen und im Dorf hoch angesehen waren.
Heißgeliebte „Weatschaft“
„Ooh hei, et Korelzen Lissi ous da Weatschaft a Geelzem!“, spricht mich ein alter Bekannter auf dem Postplatz in Bitburg an.
„Mia senn doch freja emma su gear bej äisch op de Muusik kommen!“
„Korelzen Lissi“, so hat schon lange niemand mehr zu mir gesagt. Das fühlt sich so nach Heimat an, denn in meinem Heimatort Gilzem wurde ich so genannt. Nun wohne ich schon über 40 Jahre nicht mehr dort. Aber „Korelzen Lissi“ werde ich wohl immer bleiben.
„Unn, gett et äja Weatschaft nooch?“
„Ja, natürlich, die bewirtschaftet mein Bruder Klaus in der vierten Generation weiter“, antworte ich stolz.
Ich denke an unseren Gasthof, und mir wird ganz warm ums Herz. Und ich bin sehr glücklich, dass es in unserer schnelllebigen Zeit in meinem Leben diesen beständigen Platz gibt, der seit Generationen von meiner Familie bewohnt und betrieben wird. Ein Platz, der vom Geist meiner Vorfahren beseelt ist und der für mich Heimat bedeutet.
Heißgeliebte „Schaffbox“ – oder: “Ma ass net su huffatisch!“
„Kand, ma ass net su huffatisch,“ sagt meine Mutter, als ich so cirka sechsjährig, auf einem Stuhl stehend, bei „Tant Greda“ vor dem Spiegel herumtänzele. Tant Greda war die „Doaf-Niescht“ (Schneiderin), bei der meine Schwester und ich in den 50er und 60er Jahren unsere Kleidchen genäht bekamen.
„Watt ass huffatisch?“ frage ich irritiert.
„Op hudeitsch hescht daat eitel“, sagt Tant Greda.
„Et gehiert sisch net, su viel an de Spejel ze kucken“, fügt meine Mutter hinzu.
„Pass op, dat dou net ze grußatisch gess (überheblich wirst)!“
So richtig habe ich das Ganze nicht verstanden. Ich wollte doch nur schön aussehen und das Kleid ein paar Zentimeter kürzer haben. Meine Mutter war in diesen Dingen eher „altmodisch“. Und vor allem war sie sehr sparsam. Für die Kleidchen für meine Schwester und mich kaufte meine Mutter eher dunkel gemusterte Stoffe bzw. gedeckte Farben, die nicht so „schmutzten“. Dann wurden die Kleider auch immer zu groß, mit breiten Säumen und Nähten „zum Rauslassen“ genäht, damit sie jahrelang getragen werden konnten. Meiner Mutter gefiel es gut, wenn meine ältere Schwester und ich immer die gleichen Kleider hatten. Ich hasste dies, denn dann musste ich das gleiche Kleid von meiner Schwester auch noch auftragen.
Weiterlesen: Heißgeliebte „Schaffbox“ – oder: “Ma ass net su huffatisch!“
Heißgeliebte Bücher
Da liegt es in meiner Hand, mein erstes Kinderbuch. Ich sitze auf unserem Dachboden, wo ich eine Kinderbuchecke einrichte. Angeblich für meine Enkelkinder, an die allerdings noch in keinster Weise zu denken ist. Doch wenn ich ehrlich bin, mache ich die kleine Kinderbibliothek eher für mich selber, denn ich liebe Bücher, und vor allem Kinderbücher. Und die etwa 300 durch meine vier Kinder angesammelten Kinderbücher sind mir ein ganz wertvoller Schatz.
Da liegt es in meiner Hand, mein erstes Kinderbuch: abgegriffen, fleckig, mit Eselsohren, der orangefarbene Leinenrücken zerfleddert. Aber dafür, dass es fast 60 Jahre alt ist, mindestens tausendmal angeschaut und gelesen wurde, sieht es noch super aus. Überhaupt ein Wunder, dass es noch lebt.
Da liegt es in meiner Hand, mein erstes Buch: „D e r S t r u w w e l p e t e r“. Wer aus meiner Generation kennt es nicht, dieses „pädagogisch wertvolle“ Buch aus dem letzten Jahrhundert, von einem gewissen Dr. Heinrich Hoffmann.
Heißgeliebter Viez
„Was ist Ihr Lieblingsgetränk?“, fragt mich der klassische Homöopath, der sich mit allerlei Fragen ein komplexes Bild von meiner Persönlichkeit machen möchte.
„Viez!“, kommt es aus meiner tiefsten Seele wie aus der Pistole geschossen.
„Viez?“ Der Heilpraktiker schaut mich fragend und irritiert an.
„Ja, Viez. Sie wissen wohl nicht, was das ist?“ Klar, im fernen Berlin weiss man natürlich nichts von Viez.
„Viez ist so was wie Apfelwein, Cidre – oder Ähnliches – aber auch wiederum etwas ganz Anderes – etwas Spezielles aus meiner Heimat Eifel – ja, eine Eifeler Spezialität – natürlich vergorener Apfelsaft aus dort heimischen Äpfeln – meist ziemlich sauer – dort meist nur noch von alten Männern getrunken“, versuche ich stotternd zu erklären.
Der Homöopath schaut mich ungläubig von oben bis unten an. Er kriegt wohl mein buntes, exotisches, hippiemäßiges Äußeres nicht so recht mit meiner Begeisterung für dieses saure traditionelle Eifeler Getränk zusammen.